Totem und Tabu ist wahrscheinlich Freuds berühmtestes Werk, in dem er die Psychoanalyse auf die Bereiche Anthropologie und Religionswissenschaft anwendet. Als es 1913 zum ersten Mal veröffentlicht wurde, erregte es mit seiner radikalen Interpretation der Religion als neurotisches Symptom großes Aufsehen. Es handelt sich um eine Sammlung von vier Aufsätzen, in denen Freud einige Aspekte des Lebens natürlicher Völker untersucht und sie mit dem Geistesleben von Neurotikern in Beziehung setzt. Der vielleicht berühmteste Aufsatz ist der letzte, in dem Freud den Glauben an Götter und Totems aus einem prähistorischen Ereignis ableitet, bei dem eine Gruppe verstoßener Söhne ihren Vater, das Alphamännchen, tötete und ihn anschließend aß, um seine Macht zu absorbieren. Als die Söhne ihre Tat sühnen wollten, machten sie den toten Vater zu einem Totem und erließen ein Verbot, ihn zu essen. Somit ist die ursprüngliche - und in einer verschleierteren Form jede - Religion in Wirklichkeit ein Versuch, für das ursprüngliche Verbrechen zu sühnen. Nur wenige Menschen glauben heute an eine solche Interpretation, doch sie ist ein berühmter und fester Bestandteil des Studiums von Mensch und Religion geworden.
Tschechische Ausgabe