Autoportrét

Der dritte Prosatext des Fotografen, Konzeptkünstlers und Schriftstellers Édouard Levé (1965-2007) enttäuscht in seiner Konzeption die Erwartungen, die sein Titel (wegen seiner Wiederholung) wecken könnte: Levé präsentiert keine chronologisch oder thematisch geordnete Biografie, sondern setzt sein Porträt mit scheinbarer Willkür aus kurzen affirmativen Aussagen in der ersten Person zusammen. So werden disparate Aussagen über seine Körperlichkeit eng mit kurzen Geschichten, Banalitäten oder selbstironischen Betrachtungen verknüpft. Wie in seinen fotografischen Serien entsteht der endgültige Eindruck erst im Prozess der Anhäufung von Elementen - die angesammelten Details setzen sich nach und nach zu einem immer vollständigeren Mosaik zusammen. Das Ergebnis ist eine rhythmische Struktur, eine Art Melodie des Bildes, die sein Selbstporträt in seiner unteilbaren Vollendung erklingen lässt.

Levé schrieb das Selbstporträt während einer Phase schwerer Depressionen, als er von Panik angesichts des bevorstehenden Todes ergriffen wurde. So versuchte er, eine Spur von sich selbst zu hinterlassen und in einem möglichst sparsamen, schneidenden Stil all das festzuhalten, was bald untergehen würde. "Es ist der Abdruck meines Gehirns, zwanghaft und spontan."

Tschechische Ausgabe